Gefährliche Routine: Frankreichspiel deckt Schwächen auf

Für Bundestrainer Joachim Löw dürfte es ein entspanntes Jahresende werden: Von den 15 Spielen der Fußballnationalmannschaft musste er kein einziges Match verloren geben. Zwar war das eine oder andere Ergebnis etwas glücklich, doch nach dem letzten Länderspiel gegen Frankreich wirkte der Trainer extrem entspannt. Genau das machen ihm schon jetzt die ersten Fußballexperten zum Vorwurf. Dahinter steckt eine verständliche Sorge: Man befürchtet, die Sorglosigkeit könnte sich zur Selbstzufriedenheit wandeln. Das wäre fatal für die Mission „Titelverteidigung“ im nächsten Jahr bei der WM in Russland.

Im Interview nach dem Länderspiel wurde deutlich, dass Löw sich offenbar von jeglicher Nervosität befreit hat. Das Jahr 2017 war für die Nationalmannschaft äußerst erfolgreich. Dank eines Treffers in der Nachspielzeit war sogar gegen Angstgegner Frankreich ein Unentschieden möglich. Seit 21 Spielen ist die DFB-Elf nun ungeschlagen – doch das hat für den Bundestrainer keine Bedeutung, wie er selbst sagt. Viel wichtiger sind ihm neue Erkenntnisse aus der Zusammenstellung der Mannschaft. Nur zu gerne hätte er Fehler von seinem Team gesehen, aus denen er lernen konnte. Gleichzeitig wird dabei eine gefährliche Einstellung deutlich. Es scheint, als sei Löw davon überzeugt, auf alle Varianten und Möglichkeiten vorbereitet zu sein. In dieser absoluten Ruhe und Gelassenheit kann man ihn letztlich nur an einem Ergebnis messen – am erneuten Gewinn der Weltmeisterschaft im nächsten Jahr.

Vielleicht ist es nicht so sehr die Arroganz eines Seriensiegers, denn dazu dürfte Löw zu clever sein. Trotzdem darf diese Mannschaft gerade jetzt nicht stehenbleiben, wenn sie nicht aufgrund eines unglücklichen Zufalls am Ende der Verlierer sein will. Natürlich bringt er eine enorme Routine bei großen Turnieren mit. Trotzdem müssen er und seine Spieler daran interessiert sein, ihre Fähigkeiten weiter auszubauen und Entwicklungsarbeit zu leisten.

Denn eines wurde im Spiel gegen Frankreich deutlich: Auch andere können Fußball spielen. Es war zum Teil einem wirklich starken Ersatztorwart Kevin Trapp zu verdanken, dass der Ball nicht im Netz zappelte. Dabei war das Team der Franzosen nicht einmal in Topbesetzung am Start. Vielleicht wäre ein bisschen weniger Gelassenheit an dieser Stelle also durchaus empfehlenswert, um nicht am Ende eine unangenehme Überraschung zu erleben.